Darm und Verdauungsprobleme – Wie finde ich die richtige Therapie?
Eine gesunde Ernährung gehört zu den Grundvoraussetzungen für ein langes, vitales Leben.
Kurzfristige Maßnahmen wie Heilfasten, Kuranwendungen oder Diäten sind zwar in einigen Fällen geeignet, um Übergewicht zu bekämpfen. Aber um den Körper dauerhaft gesund zu erhalten, ist eine langfristige Ernährungsumstellung der einzige Weg.
Eine Ernährungsberatung ist sinnvoll bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, bei bestimmten Vorerkrankungen oder bei starken Übergewicht. Hierfür wird vorab eine Laboranalyse durchgeführt sowie eine realistische Einschätzung der zu erreichenden Erfolge.
Für einzelne Erkrankungen kann die Ernährung als Mitverursacher herangezogen werden. Dies sind in erster Linie Refluxösophagitis, Gastritis, Reizdarm, Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen – Colitis Ulzerosa, Morbus Crohn, aber auch das Übergewicht, die Arteriosklerose, Chronische Erschöpfung und Allergien.
Die Darmschleimhaut
Die Bedeutung der Schleimhautintegrität und die Rolle des intestinalen Immunsystems (GALT)) bei der Entstehung systemischer Entzündungen und ihren Folgen konnte in den letzten Jahren in vielen Untersuchungen nachgewiesen werden.
Vorraussetzung für die ordnungsgemäße enzymatische Aufschlüsselung und Verdauung aller Nahrungsbestandteile ist ein intaktes gesundes Schleimhautsystem.
Im proximalen Dünndarm werden aus dem Nahrungsbrei Aminosäuren, Einfachzucker, Fettsäuren und die meisten Vitamine, Mineralien und Spurenelemente resorbiert. In den unteren Darmabschnitten, besonders im Dickdarm, siedelt eine an Zahl und Aktivität äußerst komplexe Bakterienflora, die uns einerseits mit wichtigen Vitaminen und Metaboliten versorgt, andererseits aber auch immunmodulatorische und Abwehraufgaben erfüllt.
Außerdem beherbergt der Darm das mukosa-assoziierte lymphatische Gewebe (MALT) den größten Teil unseres Immunsystems. 80% der Immunzellen haben hier ihren Ursprung, kein anderes Organ bildet ähnlich viele Antikörper. Es ist ein fein abgestimmtes System aus Makrophagen, M-Zellen, B- und T-Lymphozyten. In der Darmmukosa liegt auch das intestinale Nervensystem, ein neuro-endokrinologisch hochaktives Gewebe. Hier wird etwa 90% des Serotonins gebildet, das nicht nur stimmungsaufhellende und antidepressive, sondern auch appetitzügelnde Wirkung hat.
Übersicht zu Darmbakterien und deren Stoffwechselprofil
Chronische Überforderung und Selbstvergiftung
Es ist die chronische Überforderung der Verdauungsorgane Magen, Dünndarm, Dickdarm, Bauchspeicheldrüse, Leber – die zu Entzündungen der Darmschleimhaut, der Mukosa, zur Schädigung des Immun- und Nervensystems und des gesamten Stoffwechsels führt:
• Wir essen zu viel, zu viel auf einmal, zu viel Schwerverdauliches.
• Wir essen zu schnell und zu hastig. Ein Teil der Nahrung bleibt unverdaut, und wird nicht von den Darmsäften aufgeschlüsselt.
Was von der aufgenommenen Nahrung nicht rechtzeitig und nicht restlos enzymatisch abgebaut wird, das wird von den Bakterien in tieferen Darmabschnitten zersetzt. Aus essentiellen Aminosäuren Tyrosin, Tryptophan und Phenylalanin entstehen Fäulnisstoffe – Indol, Kresol, Phenol, Skatol.
Schwerverdauliche und faserreiche Kohlenhydrate beginnen zu gären, es entstehen Butanol, Propanol und andere Fuselalkohole. Sie führen zu entzündlichen Veränderungen der Darmschleimhaut, werden resorbiert, durchströmen das mukosale Immun- und Nervensystem und den gesamten Stoffwechsel. Sie können im Stuhl. im Urin und im Blut nachgewiesen werden.
Labor: Stuhlfloraanalyse, UriColor Harntest und Blutparameter. Es findet eine intestinale Autointoxikation statt – die Selbstvergiftung durch den Darm.
Dünndarmfehlbesiedlung – Achtung nicht die Symptome zur Krankheit machen!!!
Das Ausmaß dieser Zersetzungsvorgänge erkennt man an der Bildung von Darmgasen, an der Auftreibung des Leibes und am üblen Geruch des Stuhles. Dieser Reizzustand äußert sich in einer Neigung zu breiigen und schmierigen Entleerungen. Häufig stellt sich dann aber auch ein Erschöpfungszustand des Darms ein, mit unzureichender Darmsaftbildung und mit hartnäckiger Darmträgheit. Diese Patienten leiden besonders unter den Intoxikationen.
Es kommt zu einer Vermehrung der Bakterien in den Dünndarm hinein (Overgrowth-Syndrom) und einer ausgeprägten Dysbiose mit einer Verminderung der aeroben Leitkeime Lactobacillen und Bifidobakterien, die für die Schleimhautintegrität (tight junctions) mitverantwortlich sind. Oft steht bei SIBO aber ein generell anderes Problem dahinter, wie Leberproblematien, Galleabflusstörungen, exokrine Pankreasinsuffizienz.
Soweit die klassichen Beschreibungen. Aber in der Praxis zeigt sich, dass die Symptome der DDFB eher aufgrund einer nicht erkannten Nahrungsmittelallergie, nicht erkannten Reaktivierung von Viren (EBV, CMV,Herpes Zoster) und einer Nebennierenschwäche (langfristig absenken der Magensäure) entstanden sind. Deshalb sollten die genannten Ursachen therapiert werden.
Link: Dünndarmfehlbesiedlung/SIBO
Labor: Stuhlprobe – umfassender Check, Atemgastest – mit Glukose
Leaky Gut und Histaminintoleranz
Die Entzündung der Darmschleimhaut führt zur Störung der Schleimhautimmunität, Auflösung der Tight-junctions, der Verbindungen zwischen den DarmschleimhautzeIlen, und zum Leaky-gut-Syndrom, dem Syndrom des „löchrigen Darms“. Hier können hochmolekulare, unverdaute Proteine penetrieren und treffen in der Mukosa auf das vegetative Immunsystem. Dort können sie die Antikörperbildung auslösen (Labor: IgE, IgG auf Nahrungsmittel). Es kann im Dünndarm das Enzym DAO – Diaminoxidase nicht mehr hergestellt werden, dies führt bei histaminreicher Ernährung zur Histaminintoleranz.
Link: Leaky Gut und Histaminintoleranz
Labor: Stuhlprobe, Entzündung der Darmschleimhaut – alpha-l-Antitrypsin, Lysozym, Calprotectin, Störung der Darmschleimhautimmunität – sIgA, Histaminintoleranz; Blutprobe: Abklären von Nahrungsunverträglichkeiten – IgE und IgG Screening auf Nahrungsmittel
Nitrosativer Stress – Mitochondriopathie, Serotoninverlust
Diese Entzündungen in der Schleimhautfläche löst eine Kaskade von mukosalen und system ischen immunologischen Reaktionen aus:
- Bildung von Entzündungsmediatoren (z.B. TNFa, IL-6), die wir heute für viele systemischen Erkrankungen (wie Rheuma, CED) verantwortlich machen.
Anfall an Sauerstoffradikalen und nitrosativem Stress. Dies führt zu Schäden an den Mitochondrien und der Atmungskette. Die Zuckerverbrennung im Zitronesäurezyklus wird gehemmt und es fällt vermehrt Lactat an. Es kommt zur Übersäuerung. Die Leitsymptome sind: Müdigkeit, Erschöpfung, morgendlich lange Anlaufszeit, Zerschlagenheit, Gelenksteife, LWS-Schmerzen, kein Frühstück, aber Fressattacken auf Süßes, - Verbrauch an Vitaminen und Spurenelementen.
Verlust an Serotonin mit depressiven Symptomen, Antriebslosigkeit, übersteigertem Appetit.
Labor: Mitochondriale Aktivität
Stichwort: Nebennierenschwäche
Der therapeutische Weg
Oberstes Ziel ist die Beseitigung der intestinalen Intoxikation und die Entzündungsvorgänge kommen zur Ruhe, das Verdauungssystem, das Immunsystem, der ganze Stoffwechsel wird regenerieren und gesunden.
Für eine therapeutische und präventive Dätetik ergeben sich folgende Grundsätze:
Wir müssen uns einerseits alle Stoffe zuführen, die wir brauchen: Eiweiße für die Erneuerung von Substanz- und Funktionsproteinen. Fette und Kohlenhydrate zur Deckung des Energie- und Wärmehaushaltes. Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente für den reibungslosen Ablauf aller Stoffwechselvorgänge.
Ebenso aber gilt ein Zweites: Wir müssen der individuellen Verdauungsleistung Rechnung tragen: Keine Überforderung der individuellen verdauenden und stoffwechseleigenen Systeme!
Alle Nahrungsbestandteile müssen so gegessen und gekaut werden, dass sie im Mund vollständig verspeichelt sind, im Magen von der Magensäure vollkommen eingesaftet werden. Im Duodenum sollten sie von den Enzymen durchdrungen und in ihre Bausteine – Proteine in Aminosäuren und Dipeptide, Kohlenhydrate in Di- und Monosaccharide, Fette in die einzelnen Fettsäuren – aufgeschlüsselt werden, damit sie resorbiert werden können. Entzündungen in tiefer liegenden Darmabschnitten werden entlastet und können abheilen.
Regeln der Bekömmlichkeit
• Kauen, einspeicheln, auskosten!
• Kleinere Mahlzeiten – je schlimmer die Beschwerden, desto kleiner die Mahlzeiten!
• Faserhaltige Nahrungsmittel, Obstsäuren und säurehaltige Speisen sind in der ersten Zeit zu meiden.
• Kohlenhydratreduktion – bei schwereren Erkrankungen in den ersten Tagen strenger, später etwas moderater.
• Fettbetonte Kost – die Energiegewinnung aus Fettsäuren ist auch bei ausgeprägter Mitochondriopathie und nitrosativem Stress problemlos möglich.